Am gestrigen Abend sahen wir uns nach dem leckeren Essen im Restaurant und während des Hafenkinos mit der dicken Sealine direkt neben uns noch mal in Ruhe die Wetterlage an.
Schlechtwetter voraus
Es war schon etwas verzwickt. Für das auf unserer Route durch den Südwesten der Kvarner Bucht liegende Mali Lošinj sagt die WindGuru Website in drei Tagen Schlechtwetter mit Wind bis 30, in Böen sogar bis 40 und 50 Knoten vorher.
Würden wir also unsere Route wie geplant weiter fortsetzen, kämen wir, egal, ob sich das schlechte Wetter zeitlich oder örtlich etwas verschiebt, zwangsläufig irgendwo da unten genau in diese stürmischen Bedingungen und könnten nicht weiter fahren, säßen fest. Mit viel Glück in einem sicheren Hafen. Damit würden wir aber die pünktliche Rückkehr hoch nach Krk zu unserer Ausgangsmarina Punat nicht schaffen, und das ist für Hannes absolut nicht akzeptabel.
Planänderung
Nach vielen Überlegungen, optimistischer Betrachtung aller Optionen und auch meinen energischen Protesten gegen eine Abweichung von meiner so aufwändig geplanten und recherchierten Route überzeugt mich Hannes letztendlich davon, den Törn abzubrechen und auf dem gleichen Kurs, auf dem wir gekommen waren, wieder Richtung Krk zurück zu segeln.
Ich war angefressen, hab’s aber letztendlich eingesehen, dass dies die klügere Entscheidung ist. Also startet heute unsere Rückreise nach Krk.
Im Hafen von Šimuni
Luft im Öl
10:30 Uhr. Nach dem Frühstück machen wir also unser Boot reisefertig: Ich bezahle an der Rezeption unseren Liegeplatz, Hannes spült einstweilen das Geschirr, wir tanken Frischwasser nach, verräumen unsere zum Trocknen an die Reling gehängten Handtücher, und wir erledigen all die anderen kleinen Handgriffe, die wir in den vergangenen Tagen vor dem Ablegen immer vergessen, und erst auf Fahrt bemerkt hatten.
Als ich, hinten auf der Badeplattform stehend, das Dingi von der doppelten Beleinung an der Badeplattform löse und an die Achterleine knüpfe, fällt mir auf, dass in den Hydraulikleitungen zum Ruder sehr viele Luftblasen zu sehen sind. Ein sofortiger Check bestätigt meine schlimme Vermutung: In den Leitungen ist mehr Luft als Hydrauliköl. Das erklärt nun auch, warum wir gestern so viel Ruderarbeit leisten mussten, das Ruder erst nach einer kompletten Umdrehung des Steuerrades Wirkung zeigte, und deshalb der Kurs eher einem Slalom glich. Und das erklärt jetzt auch im Nachhinein, warum wir lange zuvor, erstmals am Chiemsee, manchmal beim Anlegen oder Ankern lustig bunte Schlieren am Heck bemerkten. Unsere Steuerhydraulik verliert Öl!
Ich prüfe mit der Hand den gesamten vom Heck zugänglichen Leitungsverlauf und ertaste tatsächlich am Ende Richtung Ruder, nahe der Entlüftungsschraube, Öl an der Leitung.
Hannes und mir wird schnell klar: Da muss ein Fachmann ran.
Ich trotte zur Rezeption und frage nach. Die nette Mariniera telefoniert und sichert mir die Hilfe durch einen Mechaniker zu. Perfekt. Es ist inzwischen 11 Uhr, und wir wollte eigentlich schon unterwegs sein.
Der Mechaniker kommt in nicht mal 15 Minuten zu unserem Boot und sieht sich das ganze kurz an. Da müsse er seinen Kollegen holen, der sich mit Hydraulik auskennt. Er telefoniert mit ihm, sagt dieser sei in ein paar Minuten da.
Paar Minuten. Wie lang diese Zeiteinheit wohl in Kroatien ist? Nach 45 Minuten noch kein Hydrauliker in Sicht. Ich gehe noch mal zur Rezeption. Die nette Mariniera von heute Vormittag ist nicht mehr im Dienst, der Kollege weiss von nichts und hat auch keine Ahnung, wen seine Kollegin wohl angerufen hat. Glücklicherweise ist im Telefon wohl noch die letzte Nummer gespeichert, er weiss jetzt, wen sie angerufen hatte, fragt dort nach, und es heisst, der Techniker komme gleich. Kommt tatsächlich nach weiteren 5 Minuten.
Der kroatische Mechaniker mit dem erschöpfenden englischen Wortschatz „hello“ prüft die Situation und stellt schnell die Ursache für unser Übel fest. Ein prüfender Griff an die Entlüftungsschraube zeigt, dass diese nicht ganz fest gezogen ist. Er kann sie mit den Fingern drehen. Tja, doof einfacher Fehler.
Er öffnet die Nachfüllschraube an der Steuersäule und kippt gefühlt einen Liter Hydrauliköl hinein. So viel hatten wir also vorher irgendwo auf See und Meer vertröpfelt? Peinlich, schändlich!
Mit viel Geduld und handzeichenbegleiteten Instruktionen auf kroatisch weist er uns an, das Ruder von einem Anschlag zum anderen zu drehen, während er, hinten auf unserer niedlich kleinen Badeplattform kniend, die Entlüftungsschrauben mal steuerbord, mal backbord löst, um die Luft aus den Leitungen entfleuchen zu lassen.
Keine Luftblase mehr im Hydraulikschlauch zu sehen, das Ruder spricht sofort auf den Einschlag des Steuerrades an, alles wieder gut. Der Chef des Mechanikers, der zuvor nach einem kurzen Blick auf das Problem das Handtuch geworfen hatte, kommt zurück zum Abkassieren. Stolze 100 Kuna will er haben, 13,33 €. 😉
Aufbruch zum Abbruch
Um 12.30 Uhr legen wir endlich ab. Im iPad ist die Route hoch an der Küste Pags zurück in Richtung Rab festgelegt.
Wir motoren aus dem Hafen Šimuni und dann in Richtung Nordwesten, die Küste von Pag hinauf. Unterwegs gibts ein kleines, herzhaftes Mittagessen. Und in der Bucht Gaj [sic!] gehen wir um 15.15 Uhr für kurze 45 Minuten zur wohlverdienten Kaffeepause vor Anker. Dann geht es weiter die Küste hinauf, bis Jakišnica. In diesem kleinen Dorf-Hafen mit einigen Restaurants wollen wir unsere Nacht verbringen. Wir fahren in den Hafen – und uns empfangen zwei gepflegte Beton-Piers, einer voll besetzt, der andere mit drei freien Plätzen, die aber sehr überdeutlich als „privat“ markiert sind. Statt aber die am Pier anwesenden Leute, die uns bei unserer Ankunft sehr misstrauisch und abweisend mustern, nach einem freien Platz zu fragen, tuckern wir wieder aus diesem nicht recht besucherfreundlichen Hafen und noch ein Stück Richtung Nordwesten.
Bei Dudici, vor der Bucht Mulobadanj, reduziert unser braver Tohatsu Motor plötzlich die Drehzahl deutlich und fängt kurz danach das Stottern an, bis er ganz vertummt. Sprit aus. Wir müssen nachtanken, mitten auf Fahrt, bei Welle. Klappt aber ganz gut, inzwischen sind wir ja geübt. Nach 10 Minuten ist alles erledigt und der 4-Takter schnurrt wieder.
Um etwa 18.30 Uhr erreichen wir die Bucht Jurjevica, die wir als unser Nachtquartier wählen.
Tagestour: Von Šimuni bis zur Bucht Jurjevica
Hannes dreht gleich mal eine Erkundungsrunde mit dem Dingi. Am Betonsteg feiern etwa 15 Jugendliche eine Party. Wir hören Kreischen und Lachen und ein bisschen romantische Gitarrensounds. Aber nach ein, zwei Stunden packen sie ihre Sachen und verschwinden.
Neben uns ankert ein anderes kleines Segelboot. Wir kommen ins Gespräch. Ein Skipper aus Franken. Arbeitete als Automechaniker. Hat irgendwann gekündigt und sich dieses Boot gekauft und segelt seitdem. Yeah!
Inzwischen fällt uns der doch deutliche Schwell in der Bucht auf.
Als ich auf mein iPhone schaue, sehe ich, dass sich das Panorama-Bild, das ich gerade bei Facebook veröffentlicht habe, bei diesem Seegang selbständig bewegt. Faszinierend und erschreckend zugleich.
Schwell in der Bucht Jurjevica
Das kann ja eine tolle Nacht werden.
Wurde sie auch.
Das andere Boot neben uns in der Bucht sah zunächst unspektakulär aus. Es entpuppte sich aber bald als Mutterschiff von zwei kleinen Fischerbooten, die leewärts davon festgemacht hatten. Diese kleineren Boote schalteten später ihre Festbeleuchtung in Form von gewaltigen Bugstrahlern ein und tuckerten bei stockdunkler Nacht hinaus auf das offene Wasser. Jetzt ist uns klar, das waren Squid Fischer. Das Mutterschiff verließ schon morgens um 5 Uhr die Bucht, vermutlich, um sich mit den hoffentlich erfolgreichen Fangschiffchen zu treffen. Hoffen wir mal, dass deren nächtlicher Ausflug bei so kappeliger See erfolgreich war.
Kosten Tag 7
Hydraulik-Wartung | 13,33 € | |
Gesamt | 13,33 €
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