Refit 2019 • Motor-Wartung

Die sail la vie wurde ursprünglich, also wortwörtlich im letzten Jahrtausend, mit einem kleinen 2-Takt-Aussenbord-Motor ausgeliefert. Sicher ausreichend, um sie aus dem Hafenbecken zu schieben. 

Unser Tohatsu 9.8

Der Vorbesitzer hat vor gut 10 Jahren etwas tiefer in die Tasche gegriffen und einen modernen 4-Takt-Aussenbord-Motor von Tohatsu mit fast 10 PS installieren lassen. Ein schickes Teil mit praktischer Fernsteuerungskonsole am Steuerstand.

Der Tohatsu springt immer sofort and, läuft rund und kraftvoll, hat eigentlich viel zu viel Power für unser Boot, das bei mehr als halbem Gas schon die Badeplattform ins Wasser taucht. Also eigentlich alles fein.

Uns fällt aber immer wieder auf, dass gerade in heiklen Situationen, zum Beispiel bei der Einfahrt in einen Hafen und speziell bei langsamen Einbox-Manövern, der Motor einfach lustlos aus geht. Er springt dann zwar gleich wieder an. Aber gerade in stressigen Situationen, wo es darum geht, eben nicht den Bugspriet in eine am Nachbarsteg liegende Millionen-Yacht zu rammen, ist das schon, gelinde gesagt, nervig.

Überlegungen zur Wartung

Leider haben wir keine Ahnung, wie gut der Motor in der Vergangenheit gepflegt und gewartet wurde.
Wir zumindest hatten seit dem Kauf des Bootes in 2016 bis auf eine einmalige Ölstandskontrolle, bisher noch nie irgendetwas daran gemacht.

Erst nach langer Internet-Recherche haben wir einen Wartungsplan gefunden. Der schreibt diverse Wartungsarbeiten nach so-und-so-vielen Betriebsstunden vor. Tja, toll, Betriebsstunden. Wir haben keinen Betriebsstundenzähler und absolut keine Ahnung, wie lange der Motor in unserem Besitz oder davor lief. 
Im Wartungsplan stehen so Punkte wie Öl, Zündkerzen, Benzinfilter…. Klar, das könnte schon irgendwie Auswirkungen auf die Funktionstüchtigkeit haben.

Natürlich befragen wir auch das allwissende Internet nach unseren Symptomen. Klare Antwort: Vergaser reinigen.

Als „eingefleischte Motor-Profis“ schauen Admiral Hannes und Captain Matt sich erst mal ein bisschen ratlos an.
Einen Profi mit der Wartung beauftragen oder sich selbst ran trauen?

Ich recherchiere nach Wartungskits (Zündkerzen, Benzinfilter, zahlreiche Dichtungen, etc.), die für teueres Geld aus UK bestellt werden müssen – und nebenbei erfolglos auch nach Anleitungen zur ordnungsgemäßen Wartung. Aber das ist dem Admiral alles zu teuer und dauert auch viel zu lange.

Vergaser-Reinigung?

Wir sprechen noch mal über die Symptome und werden uns dann irgendwie durch gegenseitige Beeinflussung einig, dass alles nur an einem verdreckten Vergaser liegen kann… Erstaunlich, wie solche Gespräche mit dem Admiral oft laufen – immer in Richtung der auf den ersten Blick einfachsten und billigsten Lösung.

Also suche ich nach Videos zur Vergaserreinigung. Ich finde keine zu exakt unserem Tohatsu. Aber zu ähnlichen Motoren von Mercury, Nissan und anderen. Sieht irgendwie machbar aus. Ach, scheiß drauf! Ich versuche das jetzt einfach. Im schlimmsten Fall weiß ich, was so ein Motor kostet. Wir haben schließlich die Original-Rechnung *schluck!*. 

Ich opfere also den Ostermontag und fahre zum Boot. 

Vergaser-Reinigung!

Jetzt muss ich erst mal vorweg schicken, wie die Motor-Situation auf der sail la vie aussieht.
Kleine Segelboote haben meist hinten am Heckspiegel einen Aussenborder montiert. Von aussen gut zu erreichen und zu warten.

Die sail la vie, unsere kleine Diva, ist da natürlich ein bisschen anders gestrickt. Sie hat hinter dem – nachgerüsteten – Steuerstand einen Motorraum, der nach unten hin für den Schaft und die Schraube eines Aussenborders offen ist, und oben darüber einen Deckel, der gleichzeitig als Sitz für den Steuermann dient. Das sieht so aus:

 

Wie sich erahnen lässt, ist da nicht viel Platz, und an einen Ausbau des Motors zu Wartungszwecken ist aufgrund der montierten Fernsteuerungskonsole und auch der Benzinleitung in die benachbarte Back nicht zu denken. Also muss Doc Matt da irgendwie rein kriechen.

Erst mal einen Überblick verschaffen.
Ich sehe den Vergaser, darüber irgend so ein Magnetsteuerventil, daneben den Luftfilter.

Erst muss das Magnetventil oben abgeschraubt werden, dann der Luftfilter, dessen lange Schrauben auch den Vergaser halten. Bis hier alles klar.
Ein paar Schrauben später ist da nichts mehr…

… und ich halte den Vergaser in der Hand.

Ein bisschen beunruhigt bin ich schon, als ich die Metallspäne im Ansaugstutzen entdecke…

… und auch im Vergaser selbst… Und sauber sieht auch anders aus….

Also, jetzt ran an’s Werk. Halte mein Bier!

 

Die vermeintliche Metallspäne stellt sich letztendlich nur als Salzkruste raus.
Und nach der – nach bestem Wissen und Gewissen – geflissentlichen Reinigung bleiben nur ein schmuddeliges Küchentuch und ein sauberer Vergaser zurück.

Nach ein bisschen Frickelei ist alles wieder eingebaut … und keine Schraube übrig.

Aber jetzt die schlechte Nachricht:
Ich kann keinen Testlauf machen. Die sail la vie liegt im „Trockendock“, sprich nahe dem ländlichen Allershausen, 200 km entfernt vom nächsten schiffbaren Gewässer.
Ein Trockenlauf des Motors würde eine aufwändige Ausbringung von zwei Gartenschläuchen und einen überschwemmten Hof bedeuten, und keine realen Wasserbedingungen bieten.

Ich bin also erst mal fein raus, fahre nach Hause, und warte gespannt auf den Moment, wenn wir das Boot in den Chiemsee setzen … und der Motor hoffentlich läuft…

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