Noch vor dem Frühstück gehe ich von Bord. Wir hatten ganz vergessen, dass gestern unsere Butter zu Ende ging. Also marschiere ich los und besorge Nachschub.
Als ich zurück komme, steht Hannes ganz zappelig an Deck, zeigt mir seine fein säuberlich abgezählten 35 Kuna in Münzen in der Hand und gesteht, dass er sofort auf die Toilette muss.
Also das ist hier wirklich blöd gelöst in der Stadt-Marina: 5 € für einen Toiletten-Gang ist einfach Wucher. Das bekomme ich sogar in München am Hauptbahnhof billiger. Aber er nutzt die Gelegenheit dann auch gleich noch für eine Dusche.
Danach genießen wir ein leckeres Frühstück mit Orangensaft, Senseo-Cappuccino, Eiern und frischen Semmeln, während wir beobachten, wie drei Meter neben uns am Kai die Leute zur Arbeit hetzen und die Fahrer der Lieferwagen mit Sackkarren geschäftig Nachschub in die Restaurants und Cafés liefern. Wir haben Zeit….
Etappenplan
Heute wollen wir die Bucht von Mali Lošinj südwestlich verlassen, um zunächst über die offene Adria nach Ilovik und dann weiter nach Olib zu fahren. 18,6 Seemeilen in etwa 6 Stunden prognostiziert unsere Navigations-App bei konfigurierten 3 Knoten Durchschnittsgeschwindigkeit.
Aus der Bucht von Lošinj kommt man über eine große Durchfahrt, durch die auch die großen Frachtschiffe und Fähren fahren, oder schon etwas früher durch eine recht schmale und sehr flache.
Diese erste Durchfahrt sieht auf Google Maps schon sehr flach aus und wir können da auf den Satellitenbildern auch nur Motorbote erkennen, keine Segler, die ja viel mehr Tiefgang haben.
Wir werden uns das vor Ort genauer ansehen.
Adria, wir kommen!
Um 9:45 Uhr machen wir die Leinen los und brechen auf. Eine halbe Stunde später erreichen wir die erste Durchfahrt und können einen realen Blick darauf werfen. Sieht schon ziemlich flach aus. Vor uns flitzt ein kleines Motorboot durch, ohne die Geschwindigkeit merklich zu verringern. Klar, kein Problem bei 30 cm Tiefgang.
Genau in der Mitte ist das Wasser etwas dunkler. Ist das dort wirklich tiefer, oder ist das nur dunkles Seegras? Wir tasten uns langsam ran. Hinter uns fährt ein Segelboot, etwas größer als unseres. Es steuert ebenfalls auf die kleine Durchfahrt zu. Kennen die sich hier aus oder folgen sie uns, weil sie denken, wir kennen uns hier aus?
Hannes steuert mit einem halben Knoten Fahrt exakt auf die Mitte der Durchfahrt zu, während ich vorne am Bug stehe und den Grund taxiere. Den Tiefenmesser hat Hannes gut im Blick. 1,2 Meter Wasser haben wir unterm Boot. Das wird ’ne echt knappe Nummer. Den Schwenkkiel haben wir unten gelassen. Sollte es zu flach werden, würde der den Grund als erstes berühren und zurück klappen, und wir wären durch das Poltern gewarnt, dass das Ruder gleich mit einem lauten Rums aus dem Heck gerissen wird. Aber es scheint zu funktionieren. Wir kommen gut durch.
Jetzt sind wir also erstmals in der offenen Adria. Die empfängt uns gleich mit einem deutlich stärkeren Wellengang. Aber auch mit ordentlich Wind. 15 Knoten auf dem Bug zeigt der Windmesser. Was will man mehr? Wir hissen die Segel, und die sail la vie stampft durch die Wellen. Mit beschwingten 5 Knoten Fahrt rauschen wir die Südküste von Lošinj entlang. Weil der Wind etwas dreht, müssen wir ein wenig kreuzen. Aber es macht irrsinnigen Spaß, unser Boot so willig dahingleiten zu sehen.
Um etwa 13 Uhr schießen wir mit über 5 Knoten auf die Meerenge von Ilovik zu. Nur widerwillig und wirklich auf den letzten Metern drehen wir in den Wind und holen die Segel ein. Im Wasser treiben orange Muring-Bojen. Wir suchen uns eine aus, die etwas freier liegt und machen fest. Premiere! Erste Muring-Ankerung problemlos gemeistert.
Nach der aufregenden Fahrt gönnen wir uns erst mal ein erfrischendes Bad. Es ist heiß heute. Hannes schnorchelt noch ein wenig, bis ich ihn zum Mittagessen rufe.
Lange wollen wir hier nicht pausieren, denn wir freuen uns schon sehr auf Olib, nicht zuletzt wegen des Videos „Mit einer Neptun 22 in Kroatien Segeln“ von Michael Baumeister, das wir beide uns schon unzählige Male mit Begeisterung angesehen haben.
Um etwa 14 Uhr wollen wir aufbrechen. Wir machen das Deck reisefertig, – und Hannes fängt an zu grummeln. Er hatte nach seinem Schnorchelausflug Flossen und Schnorchelbrille auf der Badeplattform abgelegt. Die Flossen waren noch da. Die Brille hat sich selbständig gemacht und liegt nun auf dem Meeresboden. 4,5 Meter zeigt der Tiefenmesser. Tja, Bruder, da musst Du wohl nun trotz druckempfindlicher Ohren runter. Er taucht sie rauf. Und ich bin stolz auf ihn! 😉
Mit sehr angenehmem Wind mit 10 bis 13 Knoten segeln wir weiter Richtung Olib und machen 4 bis 5 Knoten Fahrt.
Noch immer überlegen wir, ob wir nach Olib Stadt fahren oder doch lieber in einer Bucht im Norden der Insel ankern wollen. Die Batterie ist voll, der Wassertank auch, Bier und Wein ist gebunkert, – also einstimmig Bucht.
Um etwa 17 Uhr steuern wir die Bucht Uvala Draga im Norden von Olib an.
Es liegen hier noch sechs andere Motorboote vor Anker. Keine Segler. Und gleich verstehen wir auch, warum: Die Bucht ist extrem flach. Wir sehen ballspielende Badende, denen das Wasser nur bis zur Brust reicht. Vorsichtig schleichen wir voran, suchen uns eine freie Stelle und werfen den Anker. Ein kurzer Schnorchelgang zeigt: Da passt wirklich nur mehr eine handbreit Wasser unter den eh schon hochgeschwenkten Kiel. Der Tiefenmesser zeigt 90 cm, und wir glauben das sofort.
Dann dreht der Wind die sail la vie auch noch, und wir kommen dem Nachbarboot wirklich aufdringlich nahe. Es tut uns leid. Hannes springt ins Dingi und zieht mit einer Leine das Heck in die andere Richtung, weg vom Nachbarn. Dort werfen wir nun zusätzlich den Heckanker zur Stabilisierung.
Wir schnorcheln ein wenig durch die flache Bucht.
Bei der Kontrolle des Unterschiffs fällt mir die schon recht marode Zink-Anode am Motor auf.
Als ich sie zur Prüfung der verbleibenden Dicke abtaste, zerbröselt die nur noch hauchdünne Finne zwischen meinen Fingern. Ja, die ist definitiv durch. Keine Ahnung, wie lange die schon ihren Dienst getan hat.
Mir war der Abnutzungsgrad schon früher aufgefallen, als wir noch am Chiemsee im Süßwasser segelten. Und in weiser Voraussicht hatte ich schon eine neue bestellt und habe sie sogar an Bord mit dabei.
Ich suche und finde sie in unserer Werkzeug-Back: Eine nagelneue, glänzende Zink-Anode, fast 3 Millimeter dick. So muss das sein.
Als ich nach dem Ratschenkasten greife, interveniert Hannes. Eine Ratsche wäre nach einem Bad im Salzwasser nur noch Schrott. Da hat er recht, mein Bruder. Also 13er Schlüssel.
Ich tauche runter und schaffe es tatsächlich die alte, zerbröselte Anode abzuschrauben, und die neue fachmännisch anzubringen. Unter Wasser. Kopfüber, weil die Schraube unten sitzt. Und ohne die Schraube in den feinen Sand plumpsen zu lassen. Bin schon ein bisschen stolz.
Jetzt essen wir erst mal gemütlich, und dazu gibt’s ein kaltes Bier.
Gegen acht Uhr verlässt das vorletzte Boot die Bucht. Wir sind fast alleine. Nur etwas weiter draussen liegt noch ein Boot, das eher aussieht, wie ein Fischerkahn. Wir genießen den tollen Sonnenuntergang bei einem Glas Wein.
Es ist immer noch 29 °C warm. Ich schnappe mir Schlafsack und Kissen und schlafe draussen im Cockpit unter freiem Himmel. Ein sagenhaftes Gefühl!
Logbuch
Abfahrt | 09:45 Uhr | |
Pause | 1 Stunde | |
Ankunft | 17:00 Uhr | |
Fahrtzeit | 6:15 Stunden | |
Strecke | 21,6 Seemeilen | |
Durchschnittsgeschwindigkeit | 3,0 Knoten | |
Höchstgeschwindigkeit | 5,3 Knoten |
Kosten
Supermarkt | 2,36 € | |
Sanitär-Ticket | 4,73 € | |
Gesamt | 7,09 € |