Kroatien 2017 • Tag 4 • Der große Schlag

Heute sind wir früh dran. Um 8 Uhr sind wir beide wach. Es scheint fast, als hätte sich Hannes an meinen Rhythmus angepasst. Oder ich war einfach zu früh zu laut und zu hibbelig….

Wartung

Wir haben einige kleine Projekte vor uns.

Nach dem Frühstück prüft Hannes die Stände im Sprit- und Wassertank. Der Tohatsu ist unglaublich: Wir haben bisher erst einen halben Tank leer gefahren. Und zwei volle Reserve-Kanister sind auch noch da. Also brauchen wir erst mal keinen Sprit. Aber wir füllen den fast leeren Wassertank auf.

Ich taste die Schläuche unserer Steuerhydraulik ab. Ja, sie sind ein bisschen ölig, aber nicht beunruhigend. Mir fällt wieder ein, dass wir wegen dieser einen lockeren Ventil-Schraube letztes Jahr in Šimuni neben Ölverlust auch Luftblasen in den Schläuchen festgestellt haben. Aber ich kann jetzt keine Luft entdecken. Also alles gut. Wir behalten das einfach weiter im Auge.

Und jetzt kommt das Bastelprojekt, das ich gestern schon angedeutet habe.
Der Tohatsu Motor zieht Meerwasser zur Kühlung an und spuckt es durch einen kleinen Schlauch im Motorraum wieder aus. Um die Wassertemperatur und damit die Motortemperatur zu prüfen, muss einer von uns mit der Hand da nach unten greifen und blind den Schlauch und Wasserstrahl ertasten. Das ist nicht recht praktisch. Hannes will da eine elegantere Lösung. Und er hat auch die passende Idee. Er will den Schlauch im Heck relativ weit oben durch den Spiegel nach hinten raus führen. So kann man am Steuer mit einem Griff nach hinten unten sehr leicht in den Wasserstrahl greifen, um die Temperatur zu prüfen.
Hannes greift zum Akkubohrer und setzt beherzt nach Augenmaß an. Mit gutem Augenmaß. Der Schlauch schlüpft gerade so durch das Loch, würde auch ohne Silikon schon halten, aber mit Silikon noch perfekter. Natürlich lassen wir gleich mal den Motor an und prüfen das Ergebnis. Das Wasser spritzt lustig hinten raus, fast wie bei einem Jetski. Und der Strahl reicht auch im Leerlauf gerade so über die Badeplattform hinaus. Am Steuer sitzend prüft Hannes, ob man den Strahl mit der Hand bequem erreichen kann. Perfekt.

Etappenplan

Die Windvorhersage für den heutigen Tag verspricht 10 Knoten aus West-Südwest. 
Wir treffen einen für uns waghalsigen Plan: Heute werden wir nicht meiner Routenplanung von letztem Jahr folgen und an der West-Küste von Pag Richtung Šimuni tuckern, sondern in einem ganz großen Schlag ein mal quer über die Kvarner Bucht runter nach Mali Lošinj übersetzen. Über’s „große Wasser“. Viele Seemeilen weit kein Land. Hannes war in der Vergangenheit immer sehr auf Sicherheit bedacht. Falls seine schlimmste Befürchtung eintreffen sollte, und der Kiel großflächig aus dem Rumpf der sail la vie bricht und sie wie ein Stein untergeht, will er sich zur Not schwimmend an Land retten können. Aber heute hat er wohl besonders mutige Laune, wirft alle Bedenken über Bord … und will segeln.
Na gut. Da bin ich dabei.

Aufbruch

Ich marschiere ins Marinabüro, um die Papiere abzuholen und den Liegeplatz zu bezahlen. Bei der Gelegenheit entlocke ich auch gleich noch dem dort aufgestellten Geldautomaten ein Bündel kroatischer Währung.  Hannes macht inzwischen das Boot reisefertig.

Um 10:30 Uhr werfen wir die Leinen los und schleichen ganz nach beschilderter Vorschrift mit 2 Knoten Fahrt aus dem langgezogenen Hafen von Rab. Kurz vor der Ausfahrt erkennen wir einen kleinen Fehler in unserem Reiseplan: Dort wird gerade ein gigantisches Feuerwerk für heute Abend aufgebaut, das wir leider versäumen werden.

 

Kurz nach den Bojen an der Hafeneinfahrt stoppen wir den Motor und hissen die Segel. Wir haben gerade 5 Knoten Wind schräg auf dem Bug, und die sail la vie setzt sich geschmeidig in Fahrt. So mag sie das. Und wir auch. Wir hören nur die Segel knattern und Wellen an den Bug klatschen … und die lauten Powerboote, die an und vorbei rauschen und uns kräftigen Schwell von der Seite bescheren.

Um kurz vor elf Uhr zieht der Wind an, bläst uns jetzt mit 10 Knoten entgegen. Die sail la vie setzt zum Spurt an, und wir machen 3,5 Knoten Fahrt durchs Wasser, 3,2 Knoten über Grund. Die Windrichtung ist perfekt, wir steuern exakt den Kurs, den uns die Navionics Routenplanung auf dem iPad vorgibt.

 

Eine halbe Stunde später beginnt meine Ruderschicht. Kaum sitze ich am Rad, fällt der Wind innerhalb von Minuten zuerst auf 2 Knoten und pendelt sich schließlich bei glatten 0 Knoten ein. War ja klar. Also Segel einholen und Motor an.

Als ich nach einer Stunde das Ruder an Hannes zurück übergebe, bin ich erleichtert, dass sich die Situation nicht ändert. Also bin nicht ich es, der den Wind ausknipst.

Laut Navigationssoftware liegen wir trotzdem gut im Zeitplan und werden rechtzeitig an der Drehbrücke in Mali Lošinj ankommen, die um 18 Uhr kurz für Boote geöffnet wird.
Genug Zeit für Hannes, leckere Knäckis mit Salami und Gurke zu schmieren. Notiz: Butter geht zu Ende.

Ich blättere in meiner Routenplanung von letztem Jahr und finde die Telefonnummer der Stadt-Marina und des Yacht Club von Mali Lošinj. Wow, wer hat denn da so gut recherchiert und dokumentiert? 😀
Ich rufe zuerst im Yacht Club an. Es sind Plätze frei. Dann lese ich aber noch mal nach und sehe, dass die Stadt-Marina viel billiger ist – und sicher auch interessanter. Der Hafenmeister spricht perfekt deutsch und heißt mich willkommen. Na, dann nehmen wir doch das.

Mali Lošinj

Viel zu früh sind wir schon um 17 Uhr an der Drehbrücke in Mali Lošinj. Ein weiteres Boot wartet vor Anker. Auch wir suchen uns einen Ankerplatz, was hier gar nicht so einfach ist: Der Grund fällt hier recht steil ab, und unsere perfekte Ankertiefe von 5 Metern liegt nur 3 Meter von der schroffen Feldküste entfernt.

Hannes brutzelt uns Würstchen und Bratkartoffeln, während wir beobachten, wie ein Boot nach dem anderen vor der Drehbrücke vor Anker geht. Einige versuchen dreist, sich in die Pole Position zu manövrieren. Auch dicke Yachten treffen ein. Wir fragen uns beide, wie die wohl durch die schmale Brückendurchfahrt passen werden.

Um zehn vor sechs lichten die anderen Boote ihre Anker und bilden so etwas ähnliches wie eine Schlange vor der Brücke. Das scheint das Zeichen zu sein. Wir räumen hurtig das Cockpit auf, lichten auch unseren Anker und suchen uns einen Platz in der Mitte der Reihe.

Es ist 18:05 Uhr, und wir sehen immer noch Autos über die Brücke fahren. Scheint hier nicht so genau zu gehen mit den Zeiten.
Fünf Minuten später starten die ersten Boote ihre Motoren und setzen sich in Bewegung. Wir haben doch tatsächlich das Öffnen der Brücke verpasst. 

Hannes übernimmt das Steuer, lässt aber gerne vielen anderen Booten den Vortritt. Wir schauen uns das erst mal an, ob es spezielle Strategien für die Bewältigung der schmalen Durchfahrt gibt. Gibt es wohl nicht. Einfach durch. Hannes packt das, unter den Augen vieler Zuschauer, mit Bravour, trotz Wind und Strömung. Ich dagegen versage an der Kamera jämmerlich. Sorry.

 

Nun tuckern wir also durch die Bucht von Mali Lošinj Richtung Stadt-Marina. Vorbei an riesigen Frachtschiffen im Trockendock der Werft. Schon beeindruckend.

Im Stadthafen sind wir erst mal etwas genervt. Wir sind es gewohnt, dass uns in einer Marina oft gleich zwei Angestellte zuwinken und uns einen Liegeplatz zuweisen. Nicht hier. Nach zehn Minuten entdecken wir endlich einen Mitarbeiter am Steg. Der ist aber mit einem anderen Boot beschäftigt. Sieht uns, schaut wieder weg. Nach weiteren fünf Minuten gestikuliert er wild, was wir grob als Richtung, aber nicht als hilfreiche Anweisung interpretieren können. Wir fahren in die angezeigte Richtung, sehen weder einen freien Liegeplatz noch einen anderen Angestellten, der uns uns weiterhelfen könnte, fahren zurück, werden wieder mit kroatischen Wortfetzen in die ursprüngliche Richtung gewiesen. Alles sehr verwirrend. Aber dann winkt uns doch jemand zu, weist uns in Richtung eines Steges. Diesmal eindeutig. Wir können wir unser Glück kaum fassen. Der Mitarbeiter dirigiert uns in die zweite Box am Kai. Und die erste Box ist nicht mal eine ganze. Dort liegt ein dickeres Motorboot und passt nicht ganz rein. Wir sind hochzufrieden.

 

Der Angestellte der Marina will gleich mal 285 Kuna von uns. Dafür keine Bootspapiere als Pfand. Okay.
Neben uns liegt ein Motorboot mit deutscher Flagge am Heck. Wir kommen nett ins Gespräch. Sie zeigen uns auch, wo die Sanitäranlagen sind.
Durchgeschwitzt marschieren wir dort hin und freuen uns auf eine kalte Dusche. Aber langsam. Die Sanitäranlagen werden bewacht von einer Glastür mit Codeschloss und einer älteren Dame mit nicht mehr allen Zähnen, die uns erklärt, wir müssten zuerst mal da vorne im Marinasanitäranlagenbüro ein Ticket besorgen. Na gut, ich trabe los. Dort erklärt man mir, das koste 35 Kuna pro Person, 5€. Uff. Man glaubt nicht, wie erfrischend eine 5€-Dusche ist. Und wie man sich bei dieser Gelegenheit quält, auf der Toilette ein Geschäft zustande zu bringen.

Nicht viel später läuft das Motorboot neben uns aus, und wir liegen jetzt wirklich in erster Reihe am Kai.
So positioniert machen wir erst mal einen Spaziergang entlang der Hafenpromenade und bestaunen die Yachten.

Auf dem Rückweg zum Boot stürmen wir noch einen „Konzum“ und decken uns mit Vorräten (hauptsächlich Bier und Wein) ein.

Abends genießen wir es, die Passanten zu beobachten, die uns beobachten, während wir am Weinglas nippen und Salzstangen knabbern.

 

Logbuch

Abfahrt   10:30 Uhr
Pause (an Drehbrücke)   1 Stunde
Ankunft   18:45 Uhr
Fahrtzeit   8:15 Stunden
Strecke   22,6 Seemeilen
Durchschnittsgeschwindigkeit   2,7 Knoten
Höchstgeschwindigkeit   4,7 Knoten

Kosten

Liegeplatz Rab   47,00 €
Liegeplatz Mali Lošinj   38,50 €
Sanitär-Ticket (2 Tickets) 9,46 €
Supermarkt   11,90 €
Gesamt   106,86 €

 

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