Biograd begrüßt uns mit einem sehr ruhigen Morgen.
Die Marina scheint noch zu schlafen, um uns herum ist kaum ein Geräusch auszumachen. Die Sonne tut ihr Möglichstes, um all die Langschläfer zu wecken. Sie brennt durch die Luken und heizt die Boote auf. Unser Thermometer im Salon zeigt schon jetzt um etwa 9 Uhr stolze 27°C an.
Windmesser, warum sprichst Du nicht mit uns?
Nach Morgentoilette und Frühstück widmen wir uns unserem Lieblingsthema, dem schon wieder nicht funktionierenden Windmesser.
Windfahne und Löffelrad des Windmessers sitzen ganz oben auf der Mastspitze, die Anzeigeeinheit zu Windrichtung und -geschwindigkeit ist, vom Steuerstand aus gut sichtbar, im Cockpit montiert. Diese beiden Komponenten sind mit einem sehr dünnen, fünf-poligen Kabel verbunden.
Da wir den Mast ja regelmäßig stellen und legen, musste da also eine trennbare Kabelverbindung geschaffen werden. Ich hatte einen wasserdichten Stecker besorgt. Das war gar nicht so einfach, da fünf-polige wasserdichte Steckverbindungen wohl nicht so gebräuchlich sind in der marinen Welt. Ich hatte also keine Auswahl, sondern konnte exakt auf ein Modell aus Plastik zurückgreifen.
Schon damals hatte ich erhebliche Schwierigkeiten, die extrem filigranen 5 Adern des Kabels in dem kleinen Stecker an den recht eng stehenden Kontakten zu verlöten. Bin eben eher ein zittriger Grobmotoriker.
Und schon in den letzten Jahren hatten wir mit dieser Steckverbindung immer wieder Probleme: Wohl nicht geschaffen für eine ständige Beanspruchung beim Maststellen und -legen, war im Stecker nicht nur ein Mal mindestens eines dieser hauchdünnen Kabel aus der Lötöse gebrochen, was einen Komplettausfall des Windmessers bedeutet.
Auch dieses Mal vermute ich ein loses Kabel im Stecker. Also öffne ich den Stecker … und sehe neben zwei abgebrochenen Adern auch eine Menge Korrosion im Stecker. Alle Lötkontakte sind mit einer blaugrünen Schicht überzogen. So viel zu „wasserdicht“. Naja, kein Problem, dann löten wir die beiden Adern wieder an und alles ist gut. Ich will nach dem Köfferchen mit dem Lötkolben greifen … und stelle fest, der ist gar nicht an Bord! Ich sehe ihn vor meinem geistigen Auge – bei mir zuhause im Keller in einer Tüte. MIST!
Hannes macht den Vorschlag, sich bei einer der Werkstätten hier in der Marina einen Lötkolben zu borgen. Dem Vorhaben gebe ich irgendwie keine recht guten Chancen. Vor allem mit unser beider „exzellenten“ Kenntnisse der kroatischen Sprache. Wir machen einen brüderlichen Deal: Er kümmert sich um den Lötkolben, ich erledige derweil den Behördengang zum Hafenamt. Ein feiner Deal, bei dem nur ich gewinnen kann 😉
Internet für wenig Geld
Also packe ich die Bootspapiere ein und marschiere los in die Hafenmeile von Biograd. Das Hafenamt hatten wir ja schon am Vorabend auskundschaftet, und die Einklarierung war schnell und unkompliziert erledigt, bei gleichzeitiger Schröpfung meines Kontos für Gebühren und Kurtaxe.
Auf dem Rückweg zum Boot statte ich noch dem kleinen Laden der Kroatischen Telekom einen Besuch ab. Wir brauchen eine SIM Karte für unseren WiFi Router an Bord. Die Telekom bietet speziell für Touristen für windige 85 Kuna (11,50 €) eine SIM Karte an, die für den Zeitraum von 7 Tagen unlimitiertes Datenvolumen bietet. Für 80 Kuna (10,83 €) kann man mittels eines SMS Codes den Zeitraum danach um weitere 7 Tage verlängern. Da ich aber keine Lust habe, mich durch kroatisch-sprachige SMS-Dialoge zu quälen, kaufe ich einfach 2 dieser Karten. Nach der ersten Woche fliegt die erste Karte raus und die zweite kommt zum Einsatz. 67 Cent Mehrkosten, aber viel einfacher in der Handhabung.
Löten mit Schrauben
Kaum zurück auf dem Boot kommt auch Hannes von seiner Mission zurück. Ich habe noch nicht ganz fertig überlegt, wie ich ihn bezüglich seines aussichtslosen Vorhabens hämisch aufziehen kann, da hält er mir doch tatsächlich triumphierend eine professionelle Lötstation unter die Nase. Die hat er sich gegen Pfand in einer der Service-Werkstätten leihen dürfen. Mit 10 cm Lötzinn oben drauf. Wow, Bruder, ich bin stolz auf Dich!
Also schnell die Kabel anlöten. Aber das will nicht. Die Lötstation ist auf die vollen 450°C eingestellt, aber ich schaffe es nicht, die Kabel in den korrodierten Stecker zu löten. Das Lötzinn will einfach nicht an die korrodierten Lötfahnen fließen. Ich versuche es 10 Minuten lang, 20 Minuten. Nach einer halben Stunde gebe ich auf.
Der Eigner des Nachbarbootes bekommt unsere Schwierigkeiten mit. Da er ohnehin gerade auf dem Weg in den Marina Shop ist, bietet er an, dort nach einem neuen fünf-poligen Stecker zu fragen. nach kurzer Zeit kommt er zurück – mit leeren Händen. Zwei-, drei-, vier-polige gibt es sogar in feinem Edelstahl. Aber keine fünf-poligen. Das hatte ich schon befürchtet.
Pragmatiker Hannes kramt in der Werkzeugkiste und drückt mir eine Lüsterklemme in die Hand. „Stecker weg, wir schrauben das.“
Naja, als Perfektionist hätte ich das sicher nicht vorgeschlagen, aber wir wollen ja irgendwann mal los. Also knipse ich den Stecker vom Kabel, schraube die Buchse aus dem Deck, und führe das Kabel vom Mast durch das Loch nach innen, wo ich es mittels Lüsterklemme verbinde. Hannes macht die Decksdurchführung „wasserdicht“ mit gutem alten Panzertape. Windmesser zeigt korrekte Werte an. Passt.
Richtung Süden
Bei der Planung der Ziele hatte ich bewusst keine Reihenfolge vorgegeben. Ob wir also unsere Route nach Norden Richtung Zadar, oder nach Süden Richtung Murter starten, können wir spontan entscheiden. Der Windbericht zeigt Nordwestwinde mit 7 Knoten an, also genau aus der Richtung Zadar. Also entscheiden wir, Richtung Süden aufzubrechen. Das erste Ziel in diese Richtung ist die Insel Murter.
Durch Behördengang, Besorgungen und Reparaturen ist die Zeit nur so geschmolzen. Es ist schon fast 13:30 Uhr, als wir die Leinen lösen und aus dem Hafen steuern.
In angenehmer Brise setzen wir die Segel und kommen, zunächst bei Halbwind, dann mit Raumwind auf ordentliche Fahrt von über 4 Knoten. So macht es Spaß.
Ein anderer Segler kommt uns entgegen, hält ziemlich genau auf uns zu. Wir peilen mit dem Daumen, um auf Kollisionskurs zu prüfen, und gehen im Kopf noch mal die Ausweichregeln durch. Wir halten leichten Backbordkurs, um den anderen steuerbord passieren zu lassen. Der will es aber wissen, ändert ebenfalls leicht den Kurs und hält wieder exakt auf uns zu. Und als er kurz vor uns ist, fängt die Frau auf dem Vordeck an, wild mit den Armen zu wedeln. Ja was? Ist doch genug Platz für uns beide hier, oder?
Während uns das andere Boot knapp an steuerbord passiert, ruft sie irgendetwas auf kroatisch und zeigt in die Richtung hinter uns. Ich schaue in die gezeigte Richtung … und sehe gaaanz weit hinten, in etwa einer halben Seemeile Entfernung, unser Dingi lustig auf den Wellen tanzen. Shit! Das hatte sich irgendwie los gerissen.
Ein kurzer Dankesgruß an das passierende Boot, wir drehen bei, holen die Segel ein und motoren die halbe Meile zurück Richtung unseres Ausreissers. Nach einer gehörigen Standpauke wird unser Dingi wieder am Heck fest gemacht, und unsere Fahrt geht weiter.
Segeln Richtung Zminjak
Um kurz nach 14 Uhr frischt der Wind plötzlich auf und bläst uns in Böen mit bis zu 18 Knoten in den Rücken. Bisschen viel für den ersten Tag. Aber Hannes behält furchtlos die Zügel in der Hand und fliegt die sail la vie mit über 5 Knoten unserem Ziel entgegen. Das automatische Logbuch am iPhone zeigt einmal sogar 6,3 Knoten Fahrt über Grund! So einen Wert hatten wir bisher noch nie! Die Navigations-App am iPad ist da bescheidener mit einer Höchstgeschwindigkeit von 5,7 Knoten.
Inselchen Zminjak
Um 16 Uhr erreichen wir nach knapp 9 Seemeilen Strecke das Inselchen Zminjak, gleich oberhalb der Insel Murter. Hier wollen wir eine verspätete Mittagspause einlegen, wo uns eine schöne Bucht mit Restaurant erwartet.
In der Bucht liegen bereits über zehn Boote, einige an Bojen, noch mehr am Steg beim Restaurant. Wir entscheiden uns für eine der letzten Bojen, mit etwas Abstand zum Restaurant.
Die Sonne brennt herunter, wir messen 34°C. Ich werfe einen Blick auf unseren Lade-Controller für die beiden neuen Solarpanels. Die pumpen 9,6A Strom in unsere Batterie. Wow, mehr als wir je erhofft hätten.
Ein kleines Motorboot tuckert heran. Der Restaurant-Betreiber. Er hätte gerne 70 Kuna (9,47 €) von uns. Ausser wir besuchen das Restaurant. Dann sind Boje und Steg kostenlos. Wir lassen uns überreden, machen von der Boje los, legen am Steg an und essen im Restaurant.
Restaurant-Steg statt Boje
Ein Fehler. Die bestellten Rumpsteaks waren knorpelig, hatten einen gummiartigen Fettrand und einen nicht definierbaren, ungewöhnlichen Beigeschmack. Auch die Beilagen, Kartoffeln und Pommes, konnten uns nicht überzeugen. Die Rechnung über 400 Kuna (54,13 €) erschien uns für diese Qualität, auch unter Berücksichtigung der schon besonderen Lokation auf einer winzigen Insel, viel zu hoch. Wären wir nur an der Boje geblieben.
Weiter in die Bucht Kosirina
Um kurz nach 18 Uhr legen wir ab und setzen unsere Tour Richtung Süden fort. Wir wollen die Nacht in der Bucht Kosirina auf der Insel Murter verbringen.
Als wir die Bucht von Zminjak verlasen, zeigt der Windmesser 12 Knoten an. Sehr schön! Wir drehen das Boot Richtung Nordwest, dem Wind entgegen, und setzen die Segel. Während Hannes dann das Boot Richtung Südost wendet, packt uns plötzlich eine Böe mit 20 Knoten genau von der Seite und legt die sail la vie auf 30° Krängung. Das Wasser erreicht fast die Bordwand. Ich bin gerade drinnen im Salon, und als ich panisch nach hinten Richtung Cockpit schaue, sehe ich den Horizont gefühlt fast senkrecht vor mir. Ich werde kreidebleich, meine Kehle verkrampft sich im Schrei und mir stockt der Atem, während mir im Salon alle losen Gegenstände um die Ohren fliegen und die Kaffemaschine umkippt und den gesamten Wassertank auf den Teppich kotzt. Hannes kurbelt am Steuerrad, um die sail la vie aus dem Seitenwind zu drehen. Aber da wir, mitten in der Wende, kaum Fahrt machen, reicht die Wasserströmung am Ruder kaum aus, um Wirkung zu entfalten und das Boot zu drehen. Panische 20 Sekunden, die ich bitte, bitte echt nicht noch mal brauche.
Nach der Wende in unsere Zielrichtung stabilisiert sich das Boot aber wieder und wir haben jetzt konstanten Raumwind mit 14 Knoten und machen angenehme Fahrt mit streckenweise wieder über 5 Knoten.
Um 19:20 Uhr werfen wir Anker in der Bucht Kosirina auf der Insel Murter.
Bucht Kosirina auf der Insel Murter
Wir liegen auf der Ostseite der Bucht und bekommen ordentlich Schwell.
Der Schwell legt sich aber innerhalb der nächsten Stunde, und erst jetzt bemerken wir das unfassbar klare Wasser hier.
Klares Wasser in der Bucht Kosirina auf der Insel Murter
Bei einem Glas Wein genießen wir den grandiosen Sonnenuntergang.
Sonnenuntergang in der Bucht Kosirina auf der Insel Murter
Logbuch
Abfahrt | 13:25 Uhr | |
Pause | 2:15 Stunden | |
Ankunft | 19:30 Uhr | |
Fahrtzeit | 3:50 Stunden | |
Strecke | 15,8 Seemeilen | |
Durchschnittsgeschwindigkeit | 2,6 Knoten | |
Höchstgeschwindigkeit | 5,7 Knoten (bzw. 6,3 laut iPhone Logge) |
Kosten
Hafenamt | Gebühren und Kurtaxe | 63,19 € |
SIm Karten für WiFi Router | 2 x 85 Kuna für je 7 Tage unlimitiert | 23,00 € |
Supermarkt | Getränke | 6,77 € |
Restaurant | Zminjak | 54,13 € |
Gesamt | 147,09 € |