Kroatien 2018 • Tag 10 • Wir nehmen eine Abkürzung

Die Marina Iž ist heute früh wind-, wellen- und fast geräuschlos. Nur Grillen zirpen sich gegenseitig und natürlich auch mich wach.
Jetzt um 8:30 Uhr hat die Hälfte der an der Regatta beteiligten Boote die Marina schon verlassen. Obwohl ich draussen im Cockpit geschlafen habe, habe ich davon absolut nichts mitbekommen. 
Hannes kommt um etwa 9 Uhr zu sich, und wir frühstücken, diesmal dank Landstrom wieder mit frischem Kaffee aus der Maschine.

Tagesplan

Wir stehen jetzt an so etwas wie einem Scheidepunkt.
Schon lange vor unserer Reise waren wir ein wenig unschlüssig, ob wir zwei oder drei Wochen auf dem Wasser bleiben wollen. Von unserer Stimmung und auch vom Wetter wollten wir es abhängig machen.

In der ersten Woche, als wir südwärts fuhren, hatten wir jeden Tag tollen Rückenwind, ideal zum Segeln. In der zweiten Woche, als unsere Route dann nordwärts verlief, mussten wir in den Wind fahren. Das ist eigentlich kein Problem, weil die sail la vie den Am-Wind-Kurs liebt und dabei gute und ruhige Fahrt macht. Allerdings waren der Wind mit deutlich über 10 und zeitweise bis 30 Knoten und die dadurch aufgeschobene Welle heftig oder sogar zu viel für unser kleines Boot. Der Wind kam aus wechselnden nördlichen Richtungen, und zwar tagesaktuell immer exakt aus der Richtung, in der unser Ziel lag, was Hannes irgendwann persönlich nahm und darin eine Verschwörung vermutete. Letztendlich mussten wir die meiste Zeit motoren, was nicht  gerade unsere Idealvorstellung von einem Segelurlaub ist.

Wenn wir uns die verbleibenden Ziele aus meiner Planung ansehen, liegen die fast alle im Norden. Und wenn wir uns den Windbericht für die nächste Woche ansehen, kommt der Wind tagtäglich aus dieser Richtung. Das Elend würde also weiter gehen „bis zum Rest unserer Tage“. Wir sind uns schnell einig, dass wir uns das nicht antun wollen. 
Was ist also der neue Plan?

Wir werden in unserer Planung unterbrochen. Das 40-Fuß-Boot, dem unsere sail la vie die Ausfahrt versperrt, will aus der Box. Der Kapitän des Bootes meint aber, wir müssten die sail la vie gar nicht großartig los machen und vom Kai weg setzen. Es würde reichen, wenn wir seinen Bug an der sail la vie vorbei drücken. Gesagt, getan. Das klappt gut, mit wenig Krafteinsatz und ohne Schrammen.
Weiter in der Planung.

Wir diskutieren kurz die Möglichkeiten und entscheiden uns, die weiter nördlich gelegenen Ziele – zumindest in diesem Jahr – nicht anzufahren, sondern die letzte Etappe unserer Reise ein wenig vorzuziehen und direkt Richtung Osten nach Zadar zu segeln. Bis heute haben wir 98 Seemeilen auf dem Tacho. Das ist eine ganze Menge. Und wenn wir jetzt nach Zadar segeln und dann weiter nach Biograd, unserem Ausgangspunkt, dann erreichen wir vielleicht noch die Gesamtstrecke aus dem Jahr 2016 mit 126 Seemeilen oder sogar aus dem Jahr 2017 mit 140 Seemeilen. Mal sehen.

Zwischen der Insel Iž, unserem jetzigen Standort, und Zadar im Osten erstreckt sich die elend langgezogene Insel Ugljan. Glücklicherweise gibt es bei der Hälfte dieser Insel eine Durchfahrt, die es uns erspart, die Insel nördlich oder südlich zu umfahren. Da hat ein Landschaftsplaner gut mitgedacht! 
Trotzdem trennen uns über 26 Seemeilen von Zadar. Da wir jetzt noch 3 Tage Zeit haben, um innerhalb der 2-Wochen-Planung zu bleiben, haben wir keine Eile und wollen die Strecke nicht an einem Tag fahren.  Außerdem folgen wir ja unserem ungeschriebenen Gesetz „Marina-Bucht-Marina-Bucht-Bucht-Marina“, also nicht zwei Nächte hintereinander in einer Marina zu verbringen, sondern zwischendurch immer mindestens eine Nacht in einer Bucht zu relaxen. Also werden wir heute ganz in Ruhe nur das kurze Stück bis zur Insel Ugljan segeln, dort in einer Bucht übernachten, und erst am nächsten Tag das Ruder nordöstlich Richtung Zadar einschlagen.

Notversorgung

Gestern Abend hatte ich eine Packung Kekse auf den Tisch gestellt. Hannes winkte ab, er isst keine Kekse. Kurz darauf war die Packung leer, und ich hatte davon zwei gegessen.
Jetzt hat Hannes Blut geleckt und will mehr. Also müssen wir noch mal kurz vor zum Supermarkt und Nachschub holen. Drei Sorten sucht er sich aus. Und für das gute Gewissen noch eine Zucchini.

Richtung ja, Stärke nein

Um kurz vor 12 Uhr habe ich beim Hafenmeister unseren Liegeplatz bezahlt, und wir können ablegen. Wir freuen uns auf den Halbwind, wenn wir jetzt Richtung Südosten segeln.

Halbwind haben wir. Allerdings mit einem lächerlichen Knoten Windstärke. Das ärgert uns furchtbar. Gestern hatten wir mit bis zu 30 Knoten zu kämpfen, und heute ist dalmatischer Windruhetag.

Also starten wir den Motor und tuckern die 6 Seemeilen bis zur Insel Ugljan.
Dort biegen wir in eine Ansammlung mehrerer Buchten ein, fahren vorbei an einer großen Werft und einer Fischfarm, und erreichen schließlich um 13:40 Uhr die Bucht Lamljana.
Hier liegen am flachen Ufer entlang viele kleine Motorbote. Keines sieht groß genug aus für eine Übernachtung, die bleiben also nicht. Wir werfen erst mal in zweiter Reihe in etwas tieferem Wasser den Anker. 

Und dann ist da noch dieses etwas größere Boot. Eine elegante, dunkelgraue Yacht namens Voyager. Von der riesigen Badeplattform führen beidseitig breite Treppen hinauf zum Cockpit, wo der Eigner an einer großen Speisetafel sitzt. Was wird man wohl für so ein schwimmendes Haus hinblättern müssen? Bei einem kühlen Anker-Bier recherchieren wir im Internet. Tatsächlich finden wir eine Verkaufsanzeige mit Bildern, die zu dieser Yacht passen, 63 Fuß Länge, datiert Anfang des Jahres und mit einem Preis von 1,2 Mio. € ausgezeichnet. Aha. 


Ein teuerer Spaß

Wir erfrischen uns im klaren Wasser der Bucht.
An der Leine des Dingis entdecken wir eine dicke Salzkruste. Auch der Rest des Dingis ist mit einer dünnen Salzkruste überzogen. Da werden wir beim Abriggen in Biograd viel Süßwasser verbrauchen…


Salzkruste an der Dingi-Leine

Gegen Abend haben die meisten der kleinen Motorboote die Bucht verlassen. Wir lichten unseren Anker und versetzen die sail la vie etwas mehr in Richtung des Ufers, ins flachere Wasser. 1,2 Meter zeigt der Tiefenmesser hier an. Sicherheitshalber legen wir noch eine Landleine aus. Diesmal ganz vorbildlich mit einem Fender als Hindernis-Kennzeichnung auf halber Länge der Leine.


Landleine

Die Nähe zum Ufer ist toll. Für die vielen Wespen hier. Die müssen jetzt nicht mehr so weit fliegen, um uns zu nerven. 
Bei jedem Schluck Wein und bei jedem Biss in den Keks müssen wir die Einflugschneise vor unseren Mündern auf schwarzgelbe Arschlöcher prüfen. Vielen Dank. 

Logbuch

Abfahrt   11:45 Uhr
Pause  
Ankunft   13:40 Uhr
Fahrtzeit   1:55 Stunden
Strecke   7,3 Seemeilen
Durchschnittsgeschwindigkeit   3,8 Knoten
Höchstgeschwindigkeit   4,7 Knoten

 

Kosten

Supermarkt Kekse und andere Lebensmittel 15,70 €
Marina Liegeplatz 43,30 €
Gesamt   59,00 €
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